Chronologie der Ereignisse I
Im Dezember 2021 erfolgte durch das Bezirksamt der sog. Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan (B-Plan) [1]. Routinemäßig wurde davon auch der Senat für Stadtentwicklung und Wohnen (SenSW) von dieser Planungsabsicht informiert, um zu überprüfen, ob dieser B-Plan im Einklang mit den übergeordneten Plänen (Flächennutzungsplan (FNP) etc.) steht. Daraufhin wurden die einzelnen Abteilungen bei Sen SW um eine Stellungnahme gebeten und diese zusammengefasst im September 2021 dem Bezirk übersandt. Gesamturteil: „Wegen erheblicher Bedenken wurde eine Änderung des FNP abgelehnt. Gegen die Absicht, das Bebauungsplanverfahren 11-178 für die Grundstücke Treskowallee 119/163 im Bezirk Lichtenberg, Ortsteil Karlshorst mit den … beigebrachten Unterlagen einzuleiten, bestehen Bedenken.“ [2]
Auszüge aus dem Antwortschreiben des Senates, gegliedert nach Abteilungen [2]
SenSW I B 22, Flächennutzungsplanung und stadtplanerische Konzepte
„Die geplante Festsetzung ist nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelbar (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Regionalplanerische Festlegungen des Flächennutzungsplanes sind nicht abschließend prüfbar.“
SenSW I B 24, Flächennutzungsplanung und stadtplanerische Konzepte
„Diese Planungsziele sind als Gesamtkonzept in dieser Form nicht mit dem FNP vereinbar – somit ist der B-Plan nicht entwickelbar. Gemäß Entwicklungsgrundsatz 6 des FNP können aus Frei- und Grünflächen grundsätzlich keine Baugebiete und andere bauliche Nutzungen entwickelt werden (davon ausgenommen sind untergeordnete Grenzkorrekturen). Nur Ausnahmsweise können untergeordnete Flächen für den Gemeinbedarf entwickelt werden, die angrenzenden Wohnbauflächen zugeordnet sind (z. B. Kindertagesstätte in Kleingartenfläche)“….
„Auf Grund der Größe des SOI (Sondergebiet 1) mit einer Ausdehnung weit über den Bereich der bestehenden Trabrennbahn hinaus ist in diesem Fall für den südlichen Bereich jedoch Entwicklungsgrundsatz 6 heranzuziehen. Abgesehen von der Sicherung vorhandener baulicher Anlagen und der Entwicklung einzelner untergeordneter funktionaler Ergänzungsbauten ist eine Entwicklung von weiteren größeren baulichen Anlagen im Bereich südlich der Trabrennbahn nicht mit dem FNP vereinbar“….
„Das vorgelegte B-Plankonzept würde eine erhebliche Bauflächenentwicklung weit in den vorhandenen Grünraum hinein bedeuten, was den planerischen Grundzügen des FNP deutlich widerspricht.“
SenSW I B 24, Flächennutzungsplanung und stadtplanerische Konzepte
„Bzgl. Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030: Auch wenn mit dem Bebauungsplan die planungsrechtliche Grundlage u.a. für ca. 500 dringend benötigte Wohneinheiten geschaffen werden soll, so lässt sich die geplante Aktivierung der Fläche nicht mit dem Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 begründen. Dieser beruht auf der Flächenkulisse des FNP.„Die beabsichtigte Siedlungsentwicklung weit in den bestehenden Grünraum hinein wird deshalb auch aus Sicht der Stadtentwicklungsplanung nicht mitgetragen (siehe Erläuterungen zur Entwickelbarkeit aus dem FNP).
Aufgrund dieser beabsichtigten Ausdehnung der Baufläche in den Landschaftsraum widerspricht das städtebauliche Konzept auch den Leitlinien 2, 3 und 7 des StEP Wohnen, die neben der Entwicklung einer kompakten Stadt auch die Sicherung von Grünräumen für die Erholung, das Naturerleben und die Belange des Stadtklimas, die Sicherung aller Flächenansprüche durch eine integrierte Stadtentwicklung sowie eine ökologisch und klimagerechte Siedlungsentwicklung einfordern.“
SenUVK III B, Naturschutz, Landschaftsplanung, Forstwesen
Ich weise vorsorglich darauf hin, dass sich im südwestlichen und südlichen Bereich Flächen befinden, die im Sinne des Landeswaldgesetzes Wald sein können. Zudem befinden sich verschiedene geschützte Biotope in diesem Bereich. Dies bitte ich bei den folgenden Planungsschritten unbedingt zu beachten insbesondere aufgrund der problematischen Lage hinsichtlich möglicher Kompensationserfordernisse.
Mögliche Argumente
– Die fachlich fundierten Stellungnahmen der einzelnen Abteilungen sind die besten Argumente gegen die geplante Änderung des FNP. Man sollte sich hier „nach Herzenslust“ bedienen, aber anstandshalber ein wenig umformulieren.
– Hinweis: Durch die Formulierungen im Änderungsblatt [7] entsteht der Eindruck, dass die einzelnen Abteilungen ihre Zuarbeit nur sehr widerwillig erledigt haben und sich dem Wunsch von Herrn Geisel aus fachlicher Sicht eigentlich nicht anschließen können/wollen.
Chronologie der Ereignisse II
Nach der Ablehnung des Senats, das Änderungsverfahren für den FNP zu eröffnen, hätte der Bezirk den B-Plan nicht weiterverfolgen können. Dennoch geht der Baustadtrat, Herr Hönicke, mit der Einleitung des B-Plan-Verfahren [3], [4] im Dezember 2021 den nächsten Schritt. Bemerkenswert dabei ist, dass in der Begründung zur Einleitung des Verfahrens alle ablehnenden Argumente der Senatsverwaltung [2] aufgeführt werden [4, Seiten 4 und 5].
Erstaunlicherweise teilt der (gleiche) Senat im März 2022 mit, dass „nach nochmaliger Erörterung im Hause“ das Verfahren zur Änderung des FNP eingeleitet wird [5]. Unsere Rückfragen haben ergeben, dass dieser „Stimmungsumschwung“ auf die Intervention des Bausenators, Herrn Geisel, zurückzuführen ist [6].
Quellen
[1] Aufstellungsbeschluss des Bezirksamtes Lichtenberg
[2] Antwortschreiben des Senates vom 08.09.2021
Das vollständige Dokument liegt vor und kann auf Wunsch eingesehen werden.
[3] Geltungsbereich B-Plan 11-178, DS/0061, Anlagen: VzK-Anlage 1
[4] Begründung zum Aufstellungsbeschluss, DS/0061, Anlagen: VzK-Anlage 2
[5] Schreiben vom 03.03.2022 des Senats an Herrn Hönicke
Das vollständige Dokument liegt vor und kann auf Wunsch eingesehen werden.